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Fake News und Cyberattacken zentrale BND-Herausforderungen

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Berlin (dpa) – Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hat dem BND angesichts weltweiter Krisen und zunehmender Bedrohungen eine zentrale Rolle im Kampf für die Sicherheit Deutschlands bescheinigt.

Sie sei überzeugt, dass Deutschland einen starken und leistungsfähigen Auslandsnachrichtendienst dringender denn je brauche, sagte Merkel bei der Eröffnung der neuen BND-Zentrale in der Mitte Berlins. «Der Bundesnachrichtendienst leistet einen unverzichtbaren Beitrag für die Sicherheit und den Frieden in Deutschland. Und dafür bin ich sehr dankbar.»

Als zentrale Herausforderungen für den BND nannte Merkel den Kampf gegen die Verbreitung von Falschmeldungen im Internet und die Abwehr von Cyberattacken. Informationen könnten manipulativ, nur halbwahr oder sogar gezielt als staatliche Propaganda eingesetzt werden. «Deshalb müssen wir lernen, mit den sogenannten Fake News als Teil einer hybriden Kriegsführung auch umzugehen», sagte die Kanzlerin. Dies sei eine der entscheidenden Weichenstellungen für die künftige Sicherheit und den gesellschaftlichen Zusammenhalt.

Der BND-Umzug aus Pullach bei München und anderen Standorten in die neue Zentrale war im Januar mit dem Einzug des «Zentrums für Nachrichtendienstliche Aus- und Fortbildung» abgeschlossen worden – knapp elf Jahre nach der Grundsteinlegung. Die Baukosten lagen bei 1,1 Milliarden Euro. Hinzu kamen 206 Millionen Euro für Möbel und Technik. Ursprünglich geplant waren Baukosten in Höhe von 720 Millionen Euro. Rund 4000 der 6500 Geheimdienstler des BND arbeiten nun in dem riesigen, modernen Komplex mitten in Berlin.

Nach Pfusch am Bau und Problemen mit dem Lüftungssystem hatte sich der ursprünglich für 2013 geplante Umzug mehrmals verzögert. Anfang 2015 hatten Unbekannte fünf Wasserhähne abmoniert – in Teilen des Neubaus entstand ein erheblicher Wasserschaden.

Merkel nannte den BND bei der Beschaffung exklusiver Informationen bereits gut aufgestellt. Zugleich sicherte sie dem Geheimdienst zu, dafür zu sorgen, dass der Dienst auch in Zukunft handlungsfähig bleibe und über angemessene Befugnisse verfüge.

Bei Nachrichtendiensten sei man in Deutschland angesichts der Vergangenheit etwa mit der DDR-Stasi zu Recht hochsensibel, sagte Merkel. Der BND stehe aber fest auf dem Boden des Grundgesetzes, erfülle seinen Auftrag mit Augenmaß und sei in ein enges Netz von Aufsicht und parlamentarischer Kontrolle eingebettet. Die BND-Mitarbeiter hätten es nicht immer einfach, sie würden oft auch einem gewissen Misstrauen begegnen. «Gesundes Misstrauen ist hilfreich, übermisstrauisch zu sein, hindert an der Arbeit», sagte Merkel.

Die Lage in Syrien bereite große Sorge, warnte Merkel. Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) sei zwar zurückgedrängt worden, aber nicht verschwunden, sondern zu einer asymmetrischen Kriegsführung übergegangen. Syrien sei zum «Spielball in einem Stellvertreterkrieg um Einflussspähren in einer strategisch wichtigen Region geworden». Die Arbeit des BND sei gerade auch in Kriegs- und Krisenregionen «essenziell für die deutsche Außenpolitik».

Zudem werde der Schutz der Strukturen der Informationstechnologie immer wichtiger, sagte Merkel. Viele Länder seien hoch aktiv in der hybriden Kriegsführung über das Internet. Besonders hob die Kanzlerin die Kooperation mit den Geheimdiensten von Frankreich, Großbritannien und den USA hervor. Die Zusammenarbeit mit den US-Diensten sei angesichts der Terrorbedrohung lebensnotwendig für Deutschland.

BND-Präsident Kahl sagte, nach dem Abschluss des Umzugs «werden wir uns mit besonderem Engagement der immerwährenden Aufgabe widmen, unsere Strukturen, Prozesse und Produkte weiter zu optimieren». Vor allem wolle der BND sei Einstellungsoffensive vorantreiben.

Kahls Amtsvorgänger Gerhard Schindler hatte zuvor kritisierte, dass Teile des BND in Bayern bleiben. Es sei ein «Webfehler, dass die Technische Aufklärung in Pullach verbleibt», sagte er im rbb-Inforadio. «Das erschwert natürlich die Dienstaufsicht, das erschwert natürlich die Zusammenarbeit mit der Zentrale.»

Der Grünen-Innenpolitiker Konstantin von Notz verbindet mit dem Umzug «mitten in die Hauptstadt unserer Demokratie» auch eine große Chance, wie er den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Freitag) sagte. «Die Bindung durch parlamentarische Kontrolle, Nachvollziehbarkeit und Verhältnismäßigkeit der eigenen Arbeit und die rechtsstaatliche Verankerung im Herzen unserer Demokratie müssen zum unverrückbaren Selbstverständnis des größten deutschen Nachrichtendienstes werden.»

Der Vize-Vorsitzende der Linken-Fraktion im Bundestag, André Hahn, bemängelte in der «Neuen Osnabrücker Zeitung» (Freitag), ausgerechnet die hoch umstrittene Abteilung Technische Aufklärung, die für die anlasslose Ausspähung von Millionen Menschen verantwortlich gewesen sei, verbleibe in Pullach und werde dem unmittelbaren Zugriff der Geheimdienstkontrolle in Berlin weitgehend entzogen.

Daten und Fakten zum Umzug und zum Neubau der Zentrale des Auslandsgeheimdienstes:

– April 2003: Entscheidung zum Umzug von der alten Zentrale in Pullach bei München und anderen Standorten nach Berlin

– Oktober 2006: Erster Spatenstich für den Neubau

– Mai 2008: Grundsteinlegung in Berlin

– November 2008: Baubeginn Hauptgebäude

– März 2010: Richtfest. Die Brutto-Grundfläche des Gebäudes beträgt 260.000 Quadratmeter. Das entspricht der Größe von 36 Fußballfeldern. Insgesamt wurden 20.000 Kilometer Glasfaserkabel zur Vernetzung und 10.000 Kilometer Kupferkabel verlegt.

– Frühjahr 2012: Baubeginn der Südbebauung mit Schule, Dienstunterkunft und Besucherzentrum

– März 2014: Bezug der Nordbebauung

– November 2016: Der Hochbau der neuen Zentrale ist fertig.

– November 2017: Beginn des Bezugs mit der Abteilung zur Terrorismusbekämpfung

– Sommer 2018: Umzug des Präsidenten

– Oktober und November 2018: Umzug der alten Zentrale in Pullach nach Berlin in vier Etappen

– Baukosten: 1,086 Milliarden Euro

– Einrichtungskosten etwa für Möbel und Technik: 206 Millionen Euro

– Kosten des Gesamtumzugs in die Zentrale: knapp 5 Millionen Euro

– Umzugskartons: Insgesamt ca. 100.000. Nach Angaben des BND entspricht das aneinandergereiht einer Länge von 55 Kilometern.

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