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Miniatur-Mutterkuchen gibt Einblick in den Mutterleib

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Die Plazenta ist für die Versorgung des Embryos unabdingbar. Ihre Funktionsweise ist aber kaum erforscht. Künstlicher Mutterkuchen soll das ändern.

Wie die Plazenta den Embryo versorgt, ist kaum erforscht. Das soll sich mit Plazenta-Gewebe aus der Retorte nun ändern.

Der Plazenta kommt eine Schlüsselrolle in der Entwicklung des Embryos zu. Trotzdem ist über die Funktionsweise des Organs bisher wenig bekannt. Eine Forschergruppe der Universität Cambridge hat nun kleine Modelle aus Plazentazellen gezüchtet. Ihre Studie, die heute im Fachblatt Nature Communications veröffentlicht wurde, könnte das Verständnis früher Schwangerschaftsphasen und möglicher Komplikationen deutlich verbessern.

Der Mutterkuchen entsteht, indem sich Zellen des Embryos in der Gebärmutterschleimhaut einnisten und enthält somit sowohl Gewebe der Mutter als auch des Embryos. Dieser ist über die Nabelschnur mit der Plazenta verbunden und wird von ihr mit Nähstoffen versorgt.

Forschung wird durch schlechte Modelle erschwert

„Die Plazenta ist absolut essentiell für das Baby, während es im Mutterleib heranwächst“, sagt Margherita Turco, die Hauptautorin der Studie. Wenn sie nicht richtig funktioniere, resultiere das in schwerwiegenden Problemen mit lebenslänglichen Folgen für Mutter und Kind. Trotzdem sei unser Wissen über dieses wichtige Organ sehr begrenzt, weil Untersuchungen bei anderen Säugetieren wenig über die Situation beim Menschen aussagen. Es mangele an guten experimentellen Modellen.

Solch ein Modell haben die Forscher jetzt entwickelt. Sie entnahmen Zellen aus Plazentagewebe und vermehrten sie im Labor. Wie auch im Mutterleib bildeten sich verschiedene Zelltypen heraus, die unterschiedliche Aufgaben übernehmen. Es konnten Zellverbände – sogenannte Organoide – wachsen, die  teilweise wie das ursprüngliche Organ funktionieren. Diese Organoide sollen es ermöglichen, einzelne Vorgänge, die während einer Schwangerschaft im Mutterleib ablaufen, unter kontrollierten Laborbedingungen zu reproduzieren und besser zu erforschen.

Langlebige Organoide ermöglichen spezielle Untersuchungen

Frühere Plazentagewebe-Modelle überlebten nur wenige Tage. Da das bei den neuen Organoiden anders sei, würden sie wohl einen festen Platz in der Plazentaforschung bekommen und auch in Bezug auf klinische Fragestellungen zum Einsatz kommen, meint Berthold Huppertz, Professor für Zellbiologie in Graz. Allerdings seien sie trotz ihrer Komplexität noch nicht in der Lage, als Modell für die gesamte frühe Plazenta zu fungieren, da Gefäßsysteme wie Bindegewebe und Blutgefäße fehlten. Sie bildeten lediglich die äußere Grenzschicht des Mutterkuchens ab, die in direktem Kontakt mit dem Blut der Mutter steht.

Die Forscher erhoffen sich von den Organoiden wichtige Hinweise darauf, wie Gebärmutter, Plazenta und Fötus ihre enge Verbindung eingehen und warum manche Viren, etwa Zika, den Mutterkuchen passieren können, andere aber nicht.

Bereits im August hatten zwei Forschungsgruppen in Wien ähnliche Experimente durchgeführt und auch eine japanische Gruppe hat eine Forschungsarbeit zu einem Plazentamodell veröffentlicht. „Alle drei Studien zusammen bedeuten einen großen Schritt für die Zukunft der Erforschung der humanen Reproduktionsmedizin“ so die Einschätzung Sasha Mendjans vom Institut für Molekulare Biotechnologie in Wien. (mit smc)

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