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SPD-Generalsekretär Stich: „Wir haben Hartz IV hinter uns gelassen“

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Die SPD in Rheinland-Pfalz hofft, dass es mit der Partei im Bund wieder aufwärts geht. 2021 setzen sie bei der Landtagswahl ganz auf Malu Dreyer, so SPD-Generalsekretär Daniel Stich.

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MAINZ – „Wir nehmen jeden Kandidaten ernst“, sagt Daniel Stich, SPD-Generalsekretär in Rheinland-Pfalz, zum designierten Kandidaten der CDU, Christian Baldauf. Die SPD setzt auch 2021 auf Malu Dreyer – und darauf, dass es mit der Partei im Bund wieder aufwärts geht.

Herr Stich, erneut heißt es: Die SPD sucht den Superstar – diesmal eine Doppelspitze. Welche Hoffnungen verbinden Sie mit dem jetzt beschlossenen Verfahren?

Der Parteivorstand hat ein sehr modernes Verfahren beschlossen. Ich bin überzeugt, dass wir dadurch zu neuer Stärke gelangen. Bei uns entscheidet die Basis – und wir hoffen, so auch neue Mitglieder zu gewinnen.

Was halten Sie von Kevin Kühnert als Teil einer neuen Doppelspitze?

Ich will mich da auf keine Person festlegen. Kevin Kühnert wird als Kandidat gehandelt, das stimmt. Es ist gut, wenn sich möglichst viele SPD-Mitglieder am Prozess beteiligen wollen, persönlich wie inhaltlich. Da brauchen wir auch dringend mal Klarheit.

ZUR PERSON

Daniel Stich, geboren 1976 in Kaiserslautern, verheiratet, zwei Kinder. Seit 2016 Generalsekretär der rheinland-pfälzischen SPD. 2005/2006 Wahlkampfreferent, danach Referent im Innenministerium und in der Staatskanzlei. Ab 2014 als Landesgeschäftsführer befasst mit der Koordinierung des Landtagswahlkampfs 2016.

Inwiefern braucht die SPD Klarheit?

Nach der Bundestagswahl hatten wir gesagt, die SPD muss sich inhaltlich erneuern. Das Sozialstaatskonzept Anfang des Jahres war da ein ganz wichtiger Punkt. Wir haben Hartz IV hinter uns gelassen, die Kindergrundsicherung beschlossen und vieles mehr. Jetzt gab es den großen Aufschlag zu den Themen Nachhaltigkeit und Klimaschutz. Das geht bis hin zur Steuerpolitik. Dieser Prozess muss breiter sein als nur die Debatte „GroKo Ja oder Nein“. Wir brauchen einen klaren programmatischen Kurs für die kommenden Jahre.

Es gibt Stimmen, die sagen, die SPD hätte sich in den vergangenen Jahren „Hartz IV“ aufs Banner schreiben und damit durch die Republik ziehen sollen – im positiven Sinne.

Wir haben auf vielen Veranstaltungen immer wieder das deutsche Jobwunder angesprochen. Und trotzdem, mit Blick auf Mitgliederentwicklung, Gefühlslage der Partei, Wahlergebnisse und –analysen ist nicht von der Hand zu weisen, dass wir seit 2005 in der Sozialstaatskonzeption durch die Agenda 2010 einen Ballast mit uns herumgetragen haben. Im jüngsten Bundestagswahlkampf sind wir an vielen Infoständen und bei Haustürbesuchen auf die Hartz-Gesetze angesprochen worden.

Wann lässt die SPD die GroKo platzen?

Das Verfahren sieht vor, dass wir nach der Hälfte der Legislaturperiode Zwischenbilanz anhand eines Kriterienkataloges ziehen. Das wird auf unserem Bundesparteitag im Dezember geschehen.

Wie froh sind Sie, dass Ihnen Malu Dreyer in Rheinland-Pfalz erhalten bleibt?

Wir sind sehr froh, dass Malu Dreyer in dieser schwierigen Situation zwar Verantwortung im Bund übernimmt, ihr Herz aber weiter in Rheinland-Pfalz ist und sie nie einen Zweifel daran gelassen hat, erneut als Ministerpräsidentin zu kandidieren. Wir freuen uns auf den Landtagswahlkampf mit ihr.

Wäre Ihnen Julia Klöckner lieber gewesen als CDU-Kandidatin als Christian Baldauf?

Es ist nie ein „Wünsch-Dir- was“. Wir haben schon immer alle Gegner ernst genommen – ob Christoph Böhr, Julia Klöckner oder jetzt eben Christian Baldauf. Wir sind froh, dass bei der CDU endlich Klarheit herrscht. Wir schauen auf uns. Wenn wir als SPD unsere Hausaufgaben machen, können wir die Wahl 2021 gewinnen.

Wo sehen Sie Stärken und Schwächen von Christian Baldauf?

Christian Baldauf bleibt bislang einen klaren politischen Kurs schuldig. Er ist Meister der Ankündigung. Und auch bei seiner Inthronisierung von zwei Wochen habe ich nicht gehört, wo er inhaltlich mit diesem Land hin will. Das ist mir zu beliebig. Herr Baldauf hat zwar seine Fraktion ein Stück weit mehr geeint als Julia Klöckner. Doch seine Offenheit in alle Richtungen hat auch etwas von Laissez-faire und Beliebigkeit.

Baldauf attestiert der Ampel schlechte Noten, ob bei Bildung, Wissenschaft, Infrastruktur, Digitalisierung oder Kommunalfinanzen. Was sagen Sie?

Wenn 92 Prozent der Rheinland-Pfälzer angeben, hier gerne zu leben, dann kann es mit den Zuständen im Lande nicht so schlecht sein. Wir haben Riesenfortschritte bei der Digitalisierung gemacht, beim Breitbandausbau; haben ein Kita-Zukunftsgesetz vorgelegt. Die Ampel hat eine sehr gute Leistungsbilanz. Ich hätte kein Verständnis dafür, wenn Herr Baldauf versuchen würde, Rheinland-Pfalz schlechtzureden, nur weil Wahlkampf ist.

Dem SPD-Bundestagsabgeordneten Marcus Held droht ein Gerichtsprozess. Sollte er sein Mandat abgeben?

Das Vertrauen vor Ort und die Glaubwürdigkeit von Marcus Held sind zerrüttet. Marcus Held ist dringend dazu aufgerufen, zu hinterfragen, ob er das Mandat noch wahrnehmen kann. Unabhängig von der juristischen Aufarbeitung ist für uns klar, dass Marcus Held in der SPD Rheinland-Pfalz keine Zukunft hat.

Das Interview führte Markus Lachmann.

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