Politik

Hessens Gemeindebund klagt über „vergiftetes Klima“

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Hass und Populismus hätten auch in der Kommunalpolitik Einzug gehalten, klagt der Städte- und Gemeindebund. Und ein nordhessischer Bürgermeister sendet einen Hilferuf an Ministerpräsident Volker Bouffier.

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WIESBADEN – Es ist ein Hilferuf, den Danny Sutor (CDU), Bürgermeister im nordhessischen Grebenstein, jetzt losgelassen hat. Mit einer Mail hat er sich an Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) und Innenminister Peter Beuth (CDU) gewendet. Anlass sind zwei Leserbriefe in der Lokalzeitung, „die mich sprachlos gemacht haben“. Sutor hat ja nichts dagegen, wenn einer seine Meinung frei äußert. Aber die Grenzen der freien Meinungsäußerung sieht er in zwei Fällen als „weit überschritten“ an.

Der Autor des einen Briefes schrieb über „Waldzerstörung“ durch Windkraft. Und formulierte: Man müsse die Gegner dieser Waldzerstörung endlich ernst nehmen, „andernfalls wird es wohl nicht bei Rededuellen bleiben!“.

Der Autor des zweiten Briefes fühlte sich von der „Politik betrogen“: Da brauche sich niemand mehr zu wundern, „wenn sich der Unmut der Menschen irgendwann und irgendwo Bahn bricht. Auch das war ein Grund für den damaligen Aufstieg der braunen Horden“.

„Unverhohlene Angriffe auf unsere Demokratie“

Bürgermeister Sutor sieht in solche Briefen einen „unverhohlene Angriff auf unsere Demokratie“. Da müsse sich niemand wundern, wenn wir keine Menschen mehr finden, die in unseren Kommunen Politik machen möchten“, heißt es in seiner Mail an Bouffier und Beuth. Grebensteins Bürgermeister spricht mit Blick auf die Ermordung des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke von einem „ungeheuerlichen Vorgang“.

Auch Karl-Christian Schelzke, Direktor des Hessischen Städte- und Gemeindebundes, schlägt Alarm. „Das Klima ist vergiftet, Hass und Populismus haben auch in der Kommunalpolitik Einzug gehalten“. Immer mehr Kommunalpolitiker seien mit Anfeindungen, offenem Hass und Hetze konfrontiert. Das betreffe auch Verwaltungsmitarbeiter: Nach einer aktuellen Umfrage seien inzwischen rund 40 Prozent von ihnen Bedrohungen ausgesetzt. Schelzke deshalb: „Hiergegen müssen wir uns zur Wehr setzen, ansonsten werden sich in Zukunft kaum noch Menschen aus Angst vor bedrohlichen Reaktionen bereit finden, in ihrer Kommune politische Verantwortung zu übernehmen“. Damit aber wachse die Gefahr, dass der Demokratie Akteure fehlen werden.

Beim LKA kein Anstieg der Anfragen

Schelzke, der selbst Oberstaatsanwalt und Bürgermeister in Mühlheim am Main war, bietet Bürgermeistern und Mandatsträgern, die bedroht werden, Hilfe und Beratung an. Er kündigt zudem an, der Hessische Städte- und Gemeindebund werde gemeinsam mit dem Innenministerium, dem Landeskriminalamt sowie mit dem Justizministerium Gespräche führen.

Nach Angaben des Landeskriminalamtes ist allerdings die Zahl prominenter Personen, die sich seit Ermordung Lübckes bedroht fühlen und um Hilfe bitten, nicht gestiegen. Jährlich gebe es etwa zehn Fälle, bei denen die Experten für Personen des öffentlichen Lebens die Gefährdungslage bewerten. Dauerhaft gebe es weniger als fünf Personen in Hessen, die ständigen Schutz bekommen.

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