Politik

Osmanen-Dämmerung

0

Die Spitze der rockerähnlichen Gruppierung “Osmanen Germania” steht jetzt auch in Hessen vor Gericht. Es geht um den Diebstahl von mehr als 8200 Euro-Paletten aus einem Betrieb in Friedberg.

Jetzt teilen:

DARMSTADT – In Nordrhein-Westfalen und Berlin legen sich arabische Clans mit dem Rechtsstaat an. In Hessen und Baden-Württemberg waren es die Osmanen Germania. Das war eine inzwischen verbotene rockerähnliche Vereinigung, die im Ruf stand, Erdogans Schlägertruppe zu sein, finanziert vom türkischen Geheimdienst MIT.

Ob die Osmanen tatsächlich finanziell aus der Türkei unterstützt werden, hatten die Linken vor gut anderthalb Jahren im Bundestag wissen wollen. Die Bundesregierung hat damals nicht gesagt, dass es keinen Geldfluss aus Ankara gibt. Sie hat die diplomatische Lösung bevorzugt und auf ein laufendes Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Darmstadt verwiesen, zu dem sie sich nicht äußern dürfe.

Vor dem Landgericht Darmstadt wird jetzt das wohl letzte Kapitel der Osmanen geschrieben. Neben sieben weiteren Beschuldigten sind dort Mehmet Bagci und Selcuk Sahin angeklagt, der einstige Weltpräsident der Osmanen aus Münster bei Darmstadt sowie sein Stellvertreter aus Bad Homburg. Doch geht es nicht um dubiose Geldquellen in der Türkei: Ankara und Berlin haben sich offenbar längst darauf verständigt, den Mantel des Schweigens darüber zu breiten. Es geht um den Vorwurf des schweren Bandendiebstahls.

Was sich nach schwerem Verbrechen anhört, entpuppt sich indes als mühseliges Geschäft. Denn die Osmanen hatten monatelang bei einem Betrieb in Friedberg mehr als 8 200 Euro-Paletten gestohlen: Ware, die beschädigt war. Und die die Firma eigentlich entsorgen wollte. Für die Diebe großer Aufwand bei geringem Erlös. Und das war nicht der einzige Haken an der krummen Tour: Denn die Polizei hatte die Verabredung zum Verbrechen von Beginn an mitgehört.

Es läuft wirklich nicht gut für die Osmanen. Der ehemalige „Vize-Weltpräsident“ aus Bad Homburg war erst kürzlich in Stuttgart zu einer Haftstrafe von drei Jahren und vier Monaten verurteilt worden. Gegen den früheren „Weltpräsidenten“ Bagci wurde eine Bewährungsstrafe verhängt. Den Angeklagten war gefährliche Körperverletzung, räuberische Erpressung und Drogendelikte zur Last gelegt worden.

Nun also der Prozess wegen der Euro-Paletten. Bagci und Sahin werden in Handschellen in den Gerichtssaal geführt. Wegen des schweren Bandendiebstahls sitzt der Präsident in Untersuchungshaft, sein Stellvertreter wegen des Stuttgarter Urteils in Strafhaft. Man kann das so sehen: Vor Jahren hatten die Osmanen Muskeln gezeigt, jetzt zeigt sie der Rechtsstaat.

Es dürfte kein allzu langer Prozess werden. Denn es gibt nicht nur die Protokolle der Telefonüberwachung, die gegen die Angeklagten sprechen. Vor Gericht haben auch die ersten Kumpanen zu sprechen begonnen. Ein 30-Jähriger aus Nidda (Wetteraukreis) hat etwa schon am ersten Prozesstag geschildert, wie er als Schichtführer der Friedberger Firma Anfang 2016 von einem Kollegen angesprochen worden war. Es war Selcuk Sahin gewesen, eben jener Vize-Präsident der Osmanen. Der hatte ihn ins Clubheim nach Dietzenbach eingeladen, wo die Osmanen mit ihm den Plan austüftelten: Er sollte die Lastwagen aufs Firmengelände lassen. Dafür sollte er pro Palette einen Euro bekommen. Zunächst habe er das unmoralische Angebot noch abgelehnt. Später dann doch eingewilligt.

Ein 40-Tonner, um das Diebesgut abzutransportieren

Zu Bagci selbst habe er keinen unmittelbaren Kontakt gehabt, sagt der geständige Angeklagte. „Aber es war klar: Er war der Boss“. Und dass der „Boss“ mit dem Diebstahl einverstanden war, schlussfolgerte er daraus, dass Bagci mit am Tisch saß und keine Einwände hatte. Für den Weltpräsidenten sind solche Aussagen von großer Bedeutung, wenn es später in dem Verfahren um die Strafzumessung gehen wird.

Ergebnis der Verabredung waren diverse Beutezüge, die zwischen Mai und November 2016 stattfanden. Anfangs fuhren die Osmanen mit einem 2,5-Tonner auf das Firmengelände. Doch der reichte nur für 200 Paletten.

Dann kamen sie mit einem 40-Tonner. Der hatte Platz für 500 Paletten: Schwerarbeit für Männer, die sich leicht Geld verdienen wollten.

Lukrative Krebsmedikamente

Previous article

Fluglärmkommission informiert zu Abflugrouten und Lärmschutz

Next article

You may also like

Comments

Leave a reply

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

More in Politik