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Rheinland-Pfalz setzt weiter auf Dialog mit Islam-Verbänden

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Das Land Rheinland-Pfalz nimmt die schwierigen Gespräche mit muslimischen Verbänden über Religionsunterricht und Gefangenenseelsorge wieder auf.

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MAINZ – Der Putsch in der Türkei und die darauf folgenden Einschnitte in den Rechtsstaat bedeuteten auch für Rheinland-Pfalz einen Schock: Noch wenige Monate zuvor hatte Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) den türkischen Religionsverband Ditib einen „unverzichtbaren Partner“ genannt. Mit einem Schlag stand dieser Partner in den Schlagzeilen – auch weil Ditib-Imame die Propaganda des türkischen Präsidenten Erdogans in den Freitagsgebeten weitergaben. Zudem wurden Fälle bekannt, in denen Imame dem türkischen Staat Menschen denunzierten, weil diese sich kritisch über Erdogan geäußert hatten.

Das Land zog darauf die Bremse: Die Verhandlungen mit Ditib über muslimischen Religionsunterricht und Gefangenenseelsorge wurden gestoppt. Damit dies nicht wie Diskriminierung wirkt, unterbrach das Land auch mit den drei anderen Verbänden die Verhandlungen: mit Schura, Ahmadiyya und dem Zentralrat der Muslime. Erst sollte geklärt werden, inwiefern diese Verbände unabhängig sind und sich zur freiheitlich demokratischen Grundordnung bekennen. Im vergangenen Jahr gab es dann zwei wissenschaftliche Gutachten, die besagten, dass es in diesen Fragen teilweise Probleme gibt.

Konfliktmanagement und Clearingstelle eingerichtet

Bevor weitere Gespräche beginnen konnten, sollten diese Probleme gelöst werden. Von der Schura konnte Wissenschaftsminister Konrad Wolf (SPD) nun Ergebnisse präsentieren: Auf einer außerordentlichen Mitgliederversammlung habe sich der Verband zur freiheitlich demokratischen Grundordnung bekannt. Drei als schwierig geltende Gemeinden haben den Verband verlassen. Darunter auch der Arab Nil-Rhein Verein Mainz. Außerdem werden ein Konfliktmanagement und eine Clearingstelle eingerichtet, falls es in einzelnen Gemeinden wieder zu Problemen kommt.

Bei Ditib hat Wolf weniger zu bieten: In Hessen habe „sich etwas bewegt“, das darauf deute, dass die Weisungsbefugnis von der Bundes- auf die Landesebene aufgelockert werde. Ob das bedeute, dass die staatliche Behörde Diyanet keinen Einfluss mehr auf Ditib nehme? Die Aussage kommt von Wolf nicht.

Trotzdem will das Land mit allen vier Verbänden bis zum Herbst eine Zielvereinbarung entwickeln. In der soll stehen, dass sich die Verbände zur freiheitlich, demokratischen Grundordnung bekennen und dass die Verbände unabhängig arbeiten können. Außerdem sollen Ziele für den gemeinsamen Religionsunterricht und die Gefangenenseelsorge entwickelt werden. Erst wenn die Vereinbarungen unterschrieben sind, sollen die eigentlichen Verhandlungen beginnen.

Umfangreiches Dialog-Programm soll Verhandlungen begleiten

Wann und ob überhaupt Ditib-Lehrer muslimischen Unterricht halten, ist völlig offen. „Die Zeitskala ist nicht das entscheidende“, sagt Wolf. Das heißt: Zwar wolle das Land „nicht mehr ewig“ weiter verhandeln. Aber wenn die Verbände ihre innerdemokratischen Probleme nicht lösen, dann gibt es keine Vereinbarung und auch keinen gemeinsamen Religionsunterricht. Wobei Wolf nach wie vor einen Wunsch hat: „Wir wollen mit allen Vieren das Ziel erreichen.“ Wichtig sei, dass das Gespräch mit den Verbänden nicht abbreche.

Das ist auch ein Punkt, den der Integrationsbeauftragte des Landes, Miguel Vicente (SPD) vertritt: Er hat ein umfangreiches Dialog-Programm entwickelt, mit dem Zielvereinbarung und Verhandlungen begleitet werden. Dazu gehören Gespräche der Verbände mit anderen gesellschaftlichen Kräften wie Gewerkschaften oder christlichen Kirchen, öffentliche Veranstaltungen und eine Schulung für Mitarbeiter der Jugendarbeit.

Zudem gibt es Gespräche mit muslimischen Frauen und Jugendlichen, kündigt Vicente an. In diesen solle angesprochen werden, was sie bewegt. Diese Gespräche sollen auch dokumentiert werden, um eine Basis für die weitere Zusammenarbeit zu erhalten: „Die Versäumnisse, die wir mit uns schleppen“, sagt Vicente, „beruhen letztlich auf verpasstem Dialog“. Die verschiedenen Veranstaltungen sollen in den nächsten anderthalb Jahren stattfinden.

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