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Venezuela wirft deutschen Botschafter raus

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Der Diplomat hatte den selbst ernannten Interimspräsidenten Guaidó am Flughafen erwartet. Für Staatschef Maduro war das Empfangskomitee eine Einmischung in die inneren Angelegenheiten des krisengebeutelten Landes – Berlin reagiert.

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Caracas (dpa) – Die Bundesregierung hat im Machtkampf in Venezuela klar Stellung gezogen, jetzt muss der deutsche Botschafter in Caracas seine Koffer packen. Daniel Kriener ist zur unerwünschten Person erklärt worden und soll Venezuela innerhalb von 48 Stunden verlassen.

Die sozialistische Regierung von Staatschef Nicolás Maduro wirft dem Diplomaten vor, sich in die inneren Angelegenheiten des südamerikanischen Landes eingemischt zu haben.

Kriener hatte am Montag gemeinsam mit anderen Diplomaten aus Europa, Lateinamerika und den USA den selbst ernannten Interimspräsidenten Juan Guaidó am Hauptstadtflughafen Maiquetía erwartet. Damit wollten sie offenbar verhindern, dass der Oppositionsführer bei seiner Rückkehr ins Land festgenommen wird. Guaidó bedankte sich später für die Unterstützung der Diplomaten. Der 35-Jährige hatte trotz eines laufenden Ermittlungsverfahrens und einer Ausreisesperre das Land verlassen.

Bundesaußenminister Heiko Maas erklärte am Mittwochabend, er habe entschieden, den Botschafter zu Konsultationen zurück nach Hause zu rufen. «Wir haben die Entscheidung, Botschafter Kriener zur “persona non grata” zu erklären, zur Kenntnis genommen», sagte der SPD-Politiker. Die Entscheidung sei unverständlich, verschärfe die Lage und trage nicht zur Entspannung bei. «Unsere,


die europäische Unterstützung für Juan Guaidó


ist ungebrochen. Botschafter Kriener leistet in Caracas, auch


gerade in den letzten Tagen, hervorragende Arbeit.»


Das Auswärtige Amt in Berlin hatte zuvor bestätigt, dass der 58 Jahre alte Diplomat zur unerwünschten Person erklärt wurde. «Wir stimmen derzeit das weitere Vorgehen ab, auch vor Ort mit unseren Partnern», sagte eine Sprecherin. «Venezuela sieht es als inakzeptabel an, dass ein ausländischer Diplomat sich in seinem Territorium eher wie ein politischer Führer verhält, in Übereinstimmung mit der Verschwörungsagenda der extremistischen Sektoren der venezolanischen Opposition», teilte das Außenministerium mit.

Guaidó war rund eineinhalb Wochen durch Südamerika gereist, um für Unterstützung zu werben. Am Montag kehrte er unbehelligt nach Venezuela zurück. «Willkommen Präsident», habe ihm der Grenzbeamte bei der Einreise sogar gesagt, erzählte er später.

«Wir wollen helfen und unterstützen, dass er sicher zurückkehrt», hatte Kriener im Fernsehsender NTN24 gesagt. Guaidós Rückkehr nach Venezuela sei «ein Schritt hin zu einem politischen und friedlichen Prozess zur Überwindung der Krise in Venezuela», twitterte die Deutsche Botschaft in Caracas.

Damit hatte Kriener den Bogen offenbar überspannt. Vizepräsidentin Delcy Rodríguez erwähnte die Begebenheit explizit in ihrer Stellungnahme: «Es muss erwähnt werden, dass Kriener am vergangenen Montag am internationalen Flughafen Maiquetía vorstellig wurde, um bei der Ankunft des abtrünnigen Abgeordneten Juan Guaidó anwesend zu sein.»

Allerdings waren auch diplomatische Vertreter aus Frankreich, den Niederlanden, den USA und Chile zum Flughafen gekommen. Ob die Regierung in Caracas nun auch Maßnahmen gegen die Botschafter dieser Länder ergreifen will, war zunächst unklar.

«Venezuela ist frei und unabhängig. Deshalb sind Handlungen von diplomatischen Vertretern, die eine Einmischung in die Angelegenheiten des Volkes und der Regierung darstellen, nicht erlaubt», teilte das venezolanische Außenministerium weiter mit.

In dem südamerikanischen Land tobt seit Wochen ein erbitterter Machtkampf zwischen Maduro und Guaidó. Der junge Abgeordnete hatte sich am 23. Januar zum Interimspräsidenten erklärt und den Staatschef damit offen herausgefordert. Zahlreiche Staaten, darunter auch Deutschland, haben Guaidó bereits als rechtmäßigen Übergangspräsidenten anerkannt.

Mit der Anerkennung rückte die Bundesregierung von ihrer bisherigen Praxis ab, nur Staaten, nicht aber Regierungen förmlich anzuerkennen. Laut einem Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags gab es zudem «starke Gründe für die Annahme», dass die Anerkennung Guaidós eine Einmischung in innere Angelegenheiten sei.

Dem Gutachten zufolge ist es für die Frage der völkerrechtlichen Zulässigkeit wichtig, ob sich der neue Präsident bereits endgültig durchgesetzt hat. Die Anerkennung dürfe nicht vorzeitig erfolgen. Diese Frage lasse sich im Fall Venezuelas allerdings nicht zweifelsfrei beantworten. Zugleich betont das Gutachten: «Die bloße Anerkennung verleiht der neuen Regierung keine Legitimität.»

Tatsächlich verfügt Guaidó trotz der Anerkennung durch die USA, zahlreiche EU-Länder und viele lateinamerikanische Staaten in Venezuela selbst noch immer über keine echte Machtposition. Zwar kommen regelmüßig Tausende Anhänger zu seinen Kundgebungen, aber der Staatsapparat ist größtenteils weiterhin auf Regierungslinie. Vor allem die mächtigen Militärs halten Maduro noch immer die Treue.

Zuletzt scheiterte Guaidó mit seinem Versuch, Hilfsgüter von Kolumbien und Brasilien aus nach Venezuela zu bringen. An den Grenzübergängen kam es zu schweren Auseinandersetzungen zwischen Oppositionsanhängern und Sicherheitskräften. Dabei wurden mehrere Menschen getötet und Hunderte verletzt.

Das ölreichste Land der Welt leidet unter einer schweren Wirtschafts- und Versorgungskrise. Aus Mangel an Devisen kann Venezuela kaum noch Lebensmittel, Medikamente und Dinge des täglichen Bedarfs für die Not leidende Bevölkerung einführen. Viele Menschen hungern, über drei Millionen Venezolaner haben ihre Heimat bereits verlassen.

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