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Charlie Hebdo und Anis Amri: Wie sich die Sicherheitskräfte auf den Tag X vorbereiten

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In Rheinland-Pfalz hat man auf die Terroranschläge der vergangenen Jahre reagiert: Das SEK ist besser ausgerüstet – und es erhält künftig Unterstützung von einer weiteren Einheit der Polizei.

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MAINZ – Zielstrebig läuft der Amokschütze über den Platz, bekleidet mit Militärjacke und Schirmmütze, darüber eine Kapuze. Er schießt mit seinem Gewehr auf einen Passanten, dann geht er in ein Gebäude, wütet weiter. Die Situation, nachgestellt von rheinland-pfälzischen Spezialkräften auf dem früheren Gelände der Bereitschaftspolizei in Mainz, wirkt echt. Minuten später fährt das Spezialeinsatzkommando (SEK) vor, kümmert sich um den Verletzten, dringt in das Haus ein. Schüsse dringen nach außen. Man hört Schreie.

Weitere Einsatzkräfte treffen ein, zu erkennen an der blauen Uniform – die Beweissicherungs- und Festnahmeeinheiten (BFE) der Polizei. Sie sehen etwas weniger martialisch als das schwer gepanzerte SEK in seiner olivgrünen Ausrüstung aus – sind aber nicht weniger effizient. Das Konzept ist neu, wie Innenminister Roger Lewentz (SPD) erläutert. Kommt es zu einer lebensbedrohlichen Einsatzlage, treffen meist Streifenpolizisten als Erstes am Tatort ein. Die Streifenwagen führen mittlerweile eine entsprechend Schutzausrüstung sowie MP5-Maschinenpistolen mit sich. Tausende Polizisten sind für solche Situationen bereits geschult worden. „Speerspitze“ eines Einsatzes bleibt das SEK, wie deren Leiter Thomas Wimmer sagt. Es löst im Einsatzfall die Polizisten ab. Die BFE-Einheiten, 100 Mann stark, mit Sitz in Mainz, Enkenbach-Alsenborn und Koblenz, rücken dann nach, kümmern sich um Verletzte, sichern den SEK-Leuten den Rücken, evakuieren Gebäude. Sie sollen ab der zweiten Jahreshälfte als dritte Säule bei großen Einsatzlagen agieren. Das macht Sinn, denn sie sind bereits für gewaltbereite Täter geschult. Bislang wurden sie zum Beispiel bei Fahndungen eingesetzt.

Wie sie arbeiten, sieht man bei der Übung. Die Männer in Blau eilen zum SEK-Wagen, sichern das Gelände, transportieren den Verletzten ab. Von rechts pirscht sich eine weitere Gruppe heran. Ein draußen gebliebener SEK-Mann bringt sie ins Gebäude. „Ich komme rein“, schreit einer der Blaugekleideten. Dann verschwinden die Einheiten im Dunkeln des Gebäudes.

Polizei und Spezialkräfte sind nichts Starres. Sie entwickeln sich mit der Geschichte der Anschläge mit. Vor zehn Jahren war Winnenden, der Amoklauf eines 17-Jährigen an einer Schule mit 15 Toten. Schon damals überarbeitete die Polizei ihre Konzepte. Die islamistischen Anschläge auf Charlie Hebdo und das Bataclan-Theater mit zahlreichen Toten in Paris, die Bomben von Brüssel (alle 2015), die Attacken auf den Weihnachtsmärkten in Berlin (2016) und Straßburg (2018) waren weitere Zäsuren für die Sicherheitspolitik in Rheinland-Pfalz. Das Spektrum möglicher Bedrohungsszenarien habe sich erweitert, sagt der Innenminister – die Täter kommen mit Gewehren und Pistolen, mit der Axt oder dem Messer. Entsprechend müssen die Sicherheitskräfte reagieren können.

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Zum Glück nur eine Übung: SEK-Kräfte, kurz bevor sie in ein Gebäude eindringen. Dort hält sich ein Attentäter auf. Fotos: Harald Kaster

So sehen die BFE-Kräfte der rheinland-pfälzischen Polizei aus. Sie unterstützen das SEK.

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So hat das SEK eine neue Ausrüstung bekommen. Wog diese früher noch mehr als 40 Kilogramm (einschließlich Waffen), so ist man jetzt bei 35 Kilogramm. Immer noch schwer, doch die Beamten sind mobiler, weil das Gewicht anders verteilt ist. Und sie sind besser gegen Schüsse geschützt, auch an den Seiten ihres Körpers. Alleine die Platte vor der Brust wiegt 2,5 Kilogramm. Sie ist aus Keramik und Kunststoff. Helm und Sturmgewehr sind aufeinander abgestimmt. Dass ein Anti-Terror-Kämpfer sein Visier hochklappen muss, wenn er zielt, gehört deshalb der Vergangenheit an.

Zurück zur Übung auf dem Gelände des „Polizeipräsidiums Einsatz, Logistik und Technik“. Die Männer in Blau bringen schnellen Schrittes die Leute aus dem Gebäude. Dann kommt das SEK, bringt den Attentäter raus, Kopf nach unten, Arme nach hinten. Situation gemeistert.

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