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Nowitzkis Reise auf vielen neuen Wegen

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Seit zwei Monaten ist Dirk Nowitzki kein aktiver Basketballstar mehr, sondern weltbekannter Privatier. Der 41-Jährige verbringt seine Zeit nun vor allem mit der Familie und macht Dinge, die er zuvor nie machen konnte.

Selbst für Dirk Nowitzki ist die A3 nicht beherrschbar. Der 41-Jährige hat so viele seiner Gegner einfach übersprungen, so viele Bälle unter dem Korb gegen die besten Spieler der Welt in der amerikanischen Basketballliga NBA gewonnen. Aber gegen eine Vollsperrung der Autobahn in der Höhe von Bad Camberg am frühen Mittwochmorgen kann selbst der Weltstar aus Würzburg nichts ausrichten. 

Vor gar nicht allzu langer Zeit hätten sich sicher andere Wege gefunden, der Verein hätte für schnelle Abhilfe gesorgt und Auswege gesucht. Womöglich hätte er die Reise ohnehin im Helikopter statt im Privatauto hinter sich gebracht. Schließlich sind Spieler dieser Kategorie bares Kapital für die Klubs, da dürfen solche Banalitäten keine Rolle spielen. Aber diese Zeiten sind bei Nowitzki vorbei.

Der 41-Jährige ist seit Mitte April Privatmann, ein Sport-Pensionär. Zur Vorstellung seines Benefiz-Spiels “Champions for Charity” im Leverkusener Stadion (21. Juli) kam Nowitzki dann eben eine halbe Stunde später angerollt.   

Nowitzki: “Der Druck ist weg”

Auch das gehört zur neuen Realität von “Dirkules”, wie der 2,13-Meter-Mann geradezu ehrfurchtsvoll in den Vereinigten Staaten genannt wird, wo er nahezu sämtliche Basketball-Rekorde gebrochen hatte. 21 Jahre habe er bei den Dallas Mavericks sein “Herzblut vergossen”, sagt Nowitzki. Nun sei er aber froh, dass “der Druck weg ist”. Dafür nimmt er dann auch gerne solche Alltäglichkeiten in Kauf.  

Nowitzki findet sich gerade in ein Leben ein, dass er so wohl nie kennengelernt hat. Er war stets das “German Wunderkind”, das schon in frühester Jugend mit seinem Mentor Holger Geschwindner nahezu rund um die Uhr an seiner Basketball-Technik und so manchem anderen feilte. “Ich bin froh, jetzt mal Dinge zu machen, die ich vorher nicht machen konnte”, sagt Nowitzki. 

Für den deutschen Basketball-Superstar geht es erst einmal darum, Abstand zu gewinnen von seiner ruhmreichen sportlichen Vergangenheit und sich einzulassen auf dieses neue, unbekannte Leben. Er muss durchatmen und das alles, diese einzigartige und lange Reise, erst einmal verarbeiten.

Nowitzki wurde von den Fans geliebt

Mavericks-Besitzer Mark Cuban vor Nowitzki-Porträts

Wohl noch kein Spieler ist derart herzlich von der gesamten NBAverabschiedet worden wie Nowitzki. Weder Michael “Air” Jordan noch Charles Barkley oder Kareem Abdul-Jabbar, um nur einige zu nennen. Sie alle wurden von den Fans tief verehrt. Geliebt aber wurde Nowitzki. Für seine grandiosen sportlichen Leistungen. Aber auch für seine Authentizität und Bodenständigkeit, die er nie verlor. Auch mit so viel Zuneigung muss man erst einmal umgehen können. 

Nowitzki reist gerade wieder. Aber nicht mehr mit seinem Team permanent quer durch die Vereinigten Staaten zu den zahlreichen Ligaspielen, sondern ausschließlich mit seiner Familie. Er hat seinen drei Kindern (eine Tochter, zwei Söhne) “Disney-Land” in Florida (“Das fanden die großartig.”) gezeigt. Auch sein Zuhause, das kleine Städtchen Würzburg, wo diese atemberaubende Karriere einst begonnen hat. Gemeinsam mit seiner Frau, der Schwedin Jessica Olsson, reist er durch Europa. 

Fastfood statt Diätplan

Im Winter will er endlich mal wieder Ski fahren und Snowboarden. “Auf dem Oktoberfest in München war ich auch noch nie.” Alles, was er in seiner Profizeit nicht machen durfte, weil es nicht gut für die Karriere hätte sein können, holt er nun nach. “Und Weihnachten will ich mal wieder zu Hause bei meinen Eltern in Würzburg feiern”, sagt er. “Das habe ich schon so lange nicht mehr getan.”   

Nowitzki hat sich in den gut zwei Monaten seit dem Karriereende so viel Fast Food gegönnt, wie wohl zusammengerechnet noch nie in seinem Leben. Der jahrelange Diätplan, der stets sein Leben bestimmte und der selbst im Urlaub strikt eingehalten werden musste, spielt plötzlich keine Rolle mehr. “Der eine oder andere Anzug passt leider nicht mehr”, sagt Nowitzki mit einem breiten Lächeln. Er hat etwas zugelegt, mehr als fünf Kilogramm sollen es sein – aber es scheint ihn überhaupt nicht zu stören. “Ich habe seit zwei Monaten kein Workout gemacht, wirklich gar nichts.”    

Schwerpunkt liegt auf dem Familienleben

Dirk Nowitzki wird von den Dallas-Fans verabschiedet

In Deutschland bleiben will Nowitzki aber nicht. Er will zurück nach Dallas. Dort ist sein Lebensmittelpunkt, bei den Mavericks will und wird er wieder einsteigen. In welcher Funktion und wann genau? “Ich weiß es nicht, das wird man sehen.” Dafür hat er momentan noch keine Gedanken übrig. Auch für eine Aufgabe bei der deutschen Nationalmannschaft kann er sich momentan nicht begeistern. “Ich bin viel zu selten vor Ort, um Einfluss nehmen zu können”, sagt er. Der Schwerpunkt liegt erst einmal auf dem Familienleben – alles andere ist Nebensache.

Nowitzki scheint seinen neuen Alltag zu genießen und sich an den Gedanken zu gewöhnen, ohne täglichen Sport zu leben – auch wenn er noch mitten im Verarbeitungsprozess ist. 

Vor der Arena in Dallas will Besitzer Mark Cuban eine Statue von “Dirkules” aufstellen lassen. Auch die Straße vor der großen Mehrzweckarena soll noch nach dem Deutschen benannt werden. Zumindest dort dürfte Nowitzki dann kein Stau auf seiner weiteren Reise ausbremsen. 


  • Dirk Nowitzki – wie er zur NBA-Legende wurde

    Bye, bye NBA

    Das hat noch keiner geschafft: Dirk Nowitzki spielt seine 21. NBA-Saison beim selben Klub. Es ist seine letzte. Beim letzten Heimspiel in Dallas dreht sich alles nur um Nowitzki. Die Fans und der Klub verabschieden ihre Nummer 41 mit einer gigantischen Zeremonie, in der Coach Rick Carlisle es auf den Punkt bringt: “Du gibst so viel von dir und verlangst selbst nach so wenig.”


  • Dirk Nowitzki – wie er zur NBA-Legende wurde

    Schon als Junior begehrt

    Aufgewachsen ist Dirk Nowitzki in Würzburg als Sohn einer Basketball-Nationalspielerin und eines Zweitliga-Handballers. Er selbst beginnt erst mit 13 Jahren mit dem Basketball, aber schon bald wird klar, dass Dirk ein herausragendes Talent ist. Bereits mit 19, beim Zweitligisten DJK Würzburg, wo er von Holger Geschwindner trainiert wird, und landet er auf der Liste von Scouts aus der NBA.


  • Dirk Nowitzki – wie er zur NBA-Legende wurde

    Mentor, Trainer, Berater, Freund

    Holger Geschwindner war selbst Basketballer, nahm 1972 an den Olympischen Spielen in München teil. Viel bekannter wird er der breiten Öffentlichkeit aber als Entdecker von Dirk Nowitzki. 1995 überzeugt er Nowitzki davon, ganz auf den Basketball zu setzen. Während seiner Karriere lässt Nowitzki seinen Mentor immer wieder mal als Individualtrainer in die USA einfliegen und legt Extraschichten ein.


  • Dirk Nowitzki – wie er zur NBA-Legende wurde

    The “German Wunderkind”

    1998 wagt Dirk Nowitzki den großen Schritt in die beste Basketball-Liga der Welt und wird von den Dallas Mavericks unter Vertrag genommen. Mavs-Coach Don Nelson muss beim Draft tricksen, um zu verhindern, dass die Boston Celtics vor ihm zugreifen. Der Plan geht auf und der Deutsche landet in Texas, wo er die nächsten 21 Jahre bleiben und zum “German Wunderkind” und “Dunkin Deutschman” werden soll.


  • Dirk Nowitzki – wie er zur NBA-Legende wurde

    Fadeaway und andere Stärken

    Berühmt ist Nowitzki vor allem für seinen Fadeaway, eine Wurftechnik, bei der man sich durch das Zurückfallen in der Luft Raum verschafft und so dem Gegner das Blocken erschwert. Oft ist das nicht so spektakulär wie die Dunkings seiner Kollegen, die er auch beherrscht, aber mindestens genauso effektiv. Egal ob aus der Ferne oder unterm Korb – Nowitzki scheint für alles eine Lösung zu haben.


  • Dirk Nowitzki – wie er zur NBA-Legende wurde

    WM-Bronze und Olympiateilnahme

    Mit Nowitzki als Fahnenträger tritt Deutschland bei Olympia 2008 in Peking an, scheidet aber schon in der Vorrunde aus. Tragisch: Der vorher überragende Nowitzki vergibt im entscheidenden Spiel gegen China kurz vor Schluss die Chance zum Ausgleich. Sonst reicht es immerhin zu Bronze bei der WM 2002 und Silber bei der EM 2005.


  • Dirk Nowitzki – wie er zur NBA-Legende wurde

    Ein Titel für die Ewigkeit

    2011 gewinnt Dirk Nowitzki mit den Mavericks den NBA-Titel. Er ist nicht nur als Spieler beteiligt. Durch einen Gehaltsverzicht ermöglicht er zu Saisonbeginn die Verpflichtung von anderen Stars, dadurch wird das Team ausgeglichener, besser. In der Finalserie gewinnt Dallas gegen die Miami Heat mit 4:2, auch wenn Nowitzki zeitweise durch Fieber gehandicapt wird.


  • Dirk Nowitzki – wie er zur NBA-Legende wurde

    Ein deutscher Weltstar

    Den NBA-Titel hat zuvor noch kein Deutscher gewonnen. Spätestens jetzt darf Dirk Nowitzki zu den deutschen Weltstars gezählt werden, in einer Reihe mit Max Schmeling, Franz Beckenbauer oder Michael Schumacher. Als erster Europäer wird er zum besten NBA-Basketballer der Saison gewählt, zu Deutschlands Sportler des Jahres sowieso und auch ESPN sagt: Bester männlicher Sportler des Jahres 2011.


  • Dirk Nowitzki – wie er zur NBA-Legende wurde

    Volksnah, bescheiden und freundlich

    Trotz aller Erfolge – Dirk Nowitzki bleibt bodenständig. Wann immer er kann, geht er auf die Fanwünsche ein, steht für Interviews bereit. Und ist dabei stets aufmerksam und freundlich. Von Allüren keine Spur. Sein Privatleben schirmt der Vater von drei Kindern weitgehend ab. Skandale sind ihm fremd.


  • Dirk Nowitzki – wie er zur NBA-Legende wurde

    Drei wichtige Frauen

    Dirk Nowitzki heiratet 2012 Jessica Olsson (l.), eine schwedische Galeristin mit kenianischen Wurzeln. Sie wird zur wichtigsten Frau in seinem Leben und zur Mutter seiner drei Kinder Malaika, Max und Morris. Eine große Rolle spielen außerdem Mutter Helga (r.) und Schwester Silke (2.v.r.), beide Ex-Basketball-Nationalspielerinnen. Die Schwester ist Nowitzkis Managerin und Leiterin seiner Stiftung.


  • Dirk Nowitzki – wie er zur NBA-Legende wurde

    Soziales Engagement

    Dirk Nowitzki ist Kurator einer Stiftung zur Förderung sozial benachteiligter junger Menschen. Auch in weiteren Programmen engagiert er sich. Hier spricht er auf einer Pressekonferenz in Südafrika für “Basketball ohne Grenzen”.


  • Dirk Nowitzki – wie er zur NBA-Legende wurde

    Immer häufiger verletzt

    Zu Beginn seiner letzten Saison kann Nowitzki nicht mehr so häufig auf dem Parkett stehen, wie er es sich gewünscht hätte. Nach einer Knöchel-Operation im April 2018 fällt er lange aus. Er gehört er nicht mehr zur Starting-Five der Mavericks. Meist bekommt Nowitzki nur noch Kurzeinsätze. Allerdings schafft er noch zwei Meilensteine: Sechster der ewigen Korbjäger-Liste und 10.000 Defensiv-Rebounds.


  • Dirk Nowitzki – wie er zur NBA-Legende wurde

    Nachfolger gefunden

    Bester Spieler der Mavericks ist derzeit Luka Doncic (r.). Der 20-jährige Guard aus Slowenien legt eine großartige Rookie-Saison hin: über 20 Punkte im Schnitt bei sieben Rebounds und fünf Vorlagen pro Spiel. Als designierten Nachfolger auf Nowitzkis Position haben die Mavericks bereits den 2,21 Meter großen Kristaps Porzingis von den New York Knicks verpflichtet.


  • Dirk Nowitzki – wie er zur NBA-Legende wurde

    Bescheiden bis zum Schluss

    Nach seinem letzten Heimspiel steht Nowitzki alleine im Rampenlicht, dort wo er sich immer unwohl fühlt. Umringt von den Idolen seiner Jugend, Ex-Spielern wie Larry Bird, Scottie Pippen und Detlef Schrempf, teilt er den Fans seinen Entschluss mit, nicht weiterzumachen. Die NBA-Legenden, zu denen Nowitzki früher aufschaute, sind nun gekommen, um der noch größeren Legende ihren Tribut zu zollen.

    Autorin/Autor: Tobias Oelmaier


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