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Klage: Italiener will bei DM laufen

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Leichtathlet Daniele Biffi hat als Italiener deutsche Meistertitel in der Seniorenklasse gewonnen – bis der DLV sein Reglement änderte. Jetzt hofft Biffi auf Unterstützung durch den Europäischen Gerichtshof.

Läufer Daniele Biffi (l.) bei einem Wettkampf in Berlin

Daniele Biffi läuft schnell. Der 46-Jährige ist einer der besten Hallensportler der Seniorenklasse über 200 und 400 Meter, nicht nur in Deutschland, sondern auch international. Acht deutsche Meistertitel hat er bereits gesammelt und würde gerne weitere folgen lassen. Doch das ist Biffi inzwischen verwehrt. Seit 2016 darf er nicht mehr bei nationalen Meisterschaften starten – weil er Italiener ist.

Seit 16 Jahren lebt Biffi in Berlin, seit 2012 ist er als Athlet in Deutschland registriert. Aber er hat immer noch einen italienischen Pass. Vier Jahre lang nahm er an nationalen und internationalen Meisterschaften teil, ohne dass jemand Probleme machte. Dann jedoch änderte der Deutsche Leichtathletik Verband (DLV) seine Regeln: Seitdem ist es Athleten ohne deutsche Staatsbürgerschaft nicht mehr erlaubt, an nationalen Wettbewerben teilzunehmen. Biffi war geschockt. “Als mir klar wurde, dass ich bei den deutschen Meisterschaften nicht mehr laufen darf, war ich wirklich wütend”, sagt Biffi der DW. “Leichtathletik ist nicht nur Teil meines Jobs – ich bin Personal Trainer – , sondern es ist auch wirklich meine Leidenschaft.”

Rund 50 weitere Leichtathleten betroffen

Der DLV nannte mehrere Gründe für die Regeländerung. So dürften deutsche Bürger nicht benachteiligt werden. So sei es unter Umständen schwierig, das korrekte Geburtsdatum ausländischer Athleten zu ermitteln oder zu klären, ob sie auch in Heimatland bei Wettkämpfen anträten. Biffi überzeugen diese Gründe nicht: “Ich trainiere doch genau für solche Meisterschaften. Es macht Spaß und ist ein großer Teil meines Lebens. Mir zu sagen ‘Du kommst nicht’ konnte ich nicht akzeptieren.” Nach seiner Schätzung sind in Deutschland rund 50 weitere ältere Athleten in seiner und anderen Altersklassen von der Regeländerung betroffen.

Diskriminiert? Leichtathlet Daniele Biffi

“Der eigentliche Skandal ist die Diskriminierung”

Auch sein Anwalt Gerald Kornisch, ebenfalls Leichtathlet und im selben Berliner Verein wie Biffi, kann die Argumentation des DLV nicht nachvollziehen. Der DLV dürfe als Dachverband nicht einzelne Mitglieder je nach Nationalität unterschiedlich behandeln, sagt Kornisch der DW: “Der eigentliche Skandal ist die Diskriminierung. Eigentlich geht es darum, ob es der Verbandspitze erlaubt ist, einzelnen Vereinsmitgliedern oder Gruppen von Verbandsathleten, die unter dem Dach des DLV organisiert sind, nach Gutdünken Vorteile und Rechte zu gewähren und wieder zu entziehen, gerade so, wie es der Verbandsspitze gefällt.” Der DLV weist den Vorwurf der Diskriminierung zurück.

Europäischer Gerichtshof prüft Vorwurf

Biffi und Kornisch haben den DLV vor dem Landgericht Darmstadt verklagt. In der Stadt hat der Leichtathletikverband seinen Sitz. Die Kläger wollen erreichen, dass die neue Regel als diskriminierend eingestuft und deswegen aufgehoben wird. Nach dem Gesetz stünden allen europäischen Bürgern gleiche Rechte zu, so die Argumentation. Das Landgericht hat vor seiner eigenen Entscheidung den Europäischen Gerichtshof (EuGH) gebeten zu prüfen, ob es sich in diesem Fall nach geltendem europäischen Recht wirklich um Diskriminierung handelt. An diesem Donnerstag wird ein Generalanwalt vor dem Gerichtshof dazu Stellung nehmen. Der EuGH wird dann unter Berücksichtigung des Gutachtens im Laufe des Jahres sein Urteil verkünden und den Fall dann an das Landgericht zurückverweisen.

“Weitreichende Konsequenzen” im Erfolgsfall

Sportrechtler Martin Nolte: Urteil mit weitreichenden Konsequenzen

Sollte Biffi letzten Endes tatsächlich erfolgreich sein, könnte der Fall massive Konsequenzen für Amateursportler in der gesamten EU haben. Professor Dr. Martin Nolte, Leiter des Instituts für Sportrecht an der Deutschen Sporthochschule in Köln, sagte der DW, der Fall Biffi könne Sportlern Türen öffnen, so dass sie an jedem beliebigen Ort miteinander in Wettbewerb treten könnten. “Das hätte eine weitreichende Konsequenz für sportverbandliche Regelwerke, die dann Beschränkungen vorsehen für das Startrecht bei nationalen Meisterschaften”, sagte Nolte. “Es könnte kurioserweise auch zur Folge haben, wenn man das so erlauben würde, dass eine Person zum Beispiel zehnmal nationaler Meister in zehn verschiedenen Staaten werden könnte.” Allerdings, so Nolte, sei keineswegs sicher, dass der EuGH die DLV-Regeln so auslege, dass sie Ausländer tatsächlich entgegen geltendem EU-Recht davon abhielten, bei deutschen Meisterschaften anzutreten.

“Der EuGH hat den Sportorganisationen eigentlich immer schon ein Stück weit mehr Regelungsautonomie eingeräumt und gesagt, dass es in Ordnung ist, wenn man an die Staatsangehörigkeit anknüpft”, so Nolte.

Silberstreif für Biffi

Trotz des langen Weges bleibt Biffi positiv: ” Ich versuche immer, das Positive bei allen Sachen zu sehen. Was ist positiv?”, fragt er. “Seitdem ich gesperrt bin, habe ich noch mehr Motivation zu trainieren. Und in den letzten zwei Jahren ist meine Leistung besser geworden.”

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