Sport

Sexueller Missbrauch im Sport soll aufgearbeitet werden

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Die Kommission zur Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch konzentriert sich auf den Sport. Der Grund: Es gebe dort viele Tabus und günstige Bedingungen für Täter, Opfern zuzusetzen. Entsprechend hoch seien die Fallzahlen.

In Deutschland soll jetzt auch der sexuelle Missbrauch im Sport systematisch aufgearbeitet werden. Kinder, Jugendliche und Erwachsene, die beim Sport missbraucht wurden, sind von der Kommission zur Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch dazu aufgerufen, sich zu melden. In den vergangenen drei Jahren habe die Aufarbeitungskommission bereits 1.700 Berichte von Betroffenen erhalten. Die Möglichkeit, mit Menschen zu sprechen, die ihnen glauben, sei für Betroffene ganz zentral, schilderte Andresen ihre Eindrücke aus Anhörungen. Bisher hat die Kommission den sexuellen Missbrauch im familiären Umfeld, in der Kirche und in der DDR untersucht.

Der Bereich Sport sei besonders stark tabuisiert, schreibt die Kommission in einem am Montag in Berlin veröffentlichten Schreiben. Es fehle an Wissen, welche Bedingungen und Strukturen dort in der Vergangenheit die wohl große Anzahl von Missbrauch ermöglicht und begünstigt hätten.

Andresen: “Müssen von großen Dimensionen ausgehen”

Johannes-Wilhelm Rörig, Missbrauchsbeauftragter der Bundesregierung, hatte die Aufarbeitungskommission einberufen. Sie soll die Strukturen aufdecken, die Missbrauch möglich machen. Laut der Kommissionsvorsitzenden Sabine Andresen zeigten die Berichte der Betroffenen, die sich bislang aus diesem Bereich gemeldet hätten, dass eine unabhängige Aufarbeitung nötig sei. Das Gremium ermögliche es den Opfern, die beim Freizeit-, Breiten- oder Leistungssport sexualisierte Gewalt erlitten hätten, in einem vertraulichen Rahmen zu sprechen.

Sabine Andresen (r.), die Vorsitzende der Kommission zur Aufarbeitung von sexuellen Missbrauch

Am Sonntagabend hatte Andresen im Gespräch mit dem Deutschlandfunk erklärt, der sexuelle Missbrauch im Umfeld des Sports könne ähnliche Ausmaße haben wie der in der Kirche: “Ich denke, wir müssen von einer großen Dimension ausgehen und wir müssen deswegen auch auf das System gucken. Das Verweisen darauf, es handele sich immer nur um Einzelfälle, ist der Versuch, auszublenden. Und das nenne ich ein verantwortungsloses Verhalten.”

Jeder Dritte

Im Sport böten sich zahlreiche Gelegenheiten für Täter, ihre sexuellen Übergriffe auszuführen – etwa durch körperliche Nähe bei Hilfestellungen. Es gebe Forschungsergebnisse, die darauf hindeuteten, “dass etwa jede dritte Athletin, jeder dritte Athlet, Erfahrungen gemacht hat mit sexueller Gewalt”. Im Deutschlandfunk äußerte sich eine Frau, die vor 30 Jahren als Kind von den Betreuern einer Fußballmannschaft missbraucht worden war. Zuletzt hatte der Missbrauchsskandal im US-Turnverband um den Sportarzt Larry Nassar weltweit für Schlagzeilen gesorgt.

asz/jst (kna, afp)

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